Jeden Menschen interessieren die „großen Fragen“: Was ist der Sinn meines Lebens? Wie kann ich glücklich werden? Wer bin ich? Wie werde ich der, der ich sein möchte? Was sind meine wirklich wichtigen Ziele? Wie erreiche ich diese Ziele? Wie kann ich ein gelingendes Leben führen?

Seit Jahrtausenden versucht die Philosophie, Antworten auf diese Fragen zu finden. Seit längerem erforscht dies aber auch die Psychologie, die sich vor mehr als 100 Jahren aus der Philosophie löste und eine eigene Disziplin wurde. Aber auch die Hirnforschung (auch: Neurowissenschaft, Neurobiologie) redet in den letzten Jahrzehnten in diesen Fragen ein Wörtchen mit. Gegenwärtig hat diese Erforschung des Gehirns so viele Einsichten zu bieten, dass sich behaupten lässt: Auf dem Weg zu einem gelingenden Leben kommt man um ein gewisses Grundwissen über das eigene Gehirn nicht herum. Viele Experimente belegen, dass alle psychischen Funktionen wie Erleben, Fühlen, Denken, Wahrnehmen, intendierte Bewegungen usw. auf dem Feuern von Neuronen beruhen, den Nervenzellen des Gehirns. Das heißt natürlich nicht, dass das Gefühl der Liebe nichts anderes ist als ein Feuerwerk im Kopf – es heißt nur, dass es ohne dieses Feuern von Neuronen keine gefühlte Liebe gibt. Darüber hinaus sind viele Forscher der Meinung, dass man die Prinzipien von psychischen Abläufen wie z.B. Gefühlen genau dann versteht, wenn man sie als neuronale Prozesse verstanden hat. Wie Sie sich also am besten motivieren, können Sie erst sagen, wenn Sie verstanden haben, wie Motivation in Ihrem Gehirn funktioniert. Ohne Hirn geht also nichts.

Mit mehr Hirn zu mehr vom Hirn!

Mit wenig Hirn geht aber auch nicht viel: Um sein Gehirn zu Höchstleistungen zu bringen, muss man es erst einmal richtig verstehen. Sonst wäre man wie ein Rennfahrer, der einen Streckenrekord aufstellen will, ohne zu verstehen, was eigentlich der Unterschied zwischen Gas und Bremse ist. Natürlich kann man so etwas durch Ausprobieren herausfinden. Aber die Feinheiten lernt man eben nur, wenn man auch die Prinzipien versteht. Sie erinnern sich vielleicht daran, dass man lange Zeit beim olympischen Hochsprung mit dem Bauch nach unten über die Messlatte gesprungen ist. Zweifelsohne konnten alle diese Hochspringer herausragend gut hochspringen. Ein bisschen mehr physikalisches und bewegungsphysiologisches Wissen hätte aber vielleicht dazu geführt, dass man schon früher angefangen hätte, mit dem Rücken nach unten über die Latte zu springen – und so schon früher deutlich höher gekommen wäre.

Ein solches Grundwissen über das Gehirn soll Ihnen dieser Blog-Post in ganz groben Zügen vermitteln – und zwar immer mit dem Fokus auf das allgemeine Feld der Persönlichkeitsentwicklung und des erfüllenden Glücks.

Der Supercomputer in unserem Kopf

Die Natur hat viele unfassbar schöne und ausgetüftelte Dinge hervorgebracht. Doch als Krone der Schöpfung gilt vielen Forschern das menschliche Gehirn, das sich über 500 Millionen Jahre Evolution zu einem der komplexesten Gebilde dieser Welt entwickelt hat.

Leistungsstark und effizient

Das Gehirn besitzt etwa so viel Rechenleistung wie die derzeit leistungsstärksten Computer. Trotzdem verbrauchen solche Computer 5000-mal so viel Energie wie unser Gehirn – es ist also hochgradig effizient.

Ein Multitasker

Während Computer seriell (nacheinander) Rechenprozesse verarbeiten, kann das Gehirn dies parallel. Das Gehirn kann mehrere Daten gleichzeitig abspeichern – Computer nur nacheinander. Sie kennen das: Wenn Sie einen Datentransfer auf Ihrem Rechner laufen haben, wird ein zusätzlicher Datentransfer zur Qual für Ihren Computer und Ihre Nerven. Zum Glück ist das im Gehirn nicht so.

Gut versorgt, gut geschützt

Das Gehirn umfasst 100 Milliarden Neuronen und wird über vier Arterien mit Sauerstoff versorgt. Wie wichtig das Gehirn für den Menschen in biologischer Hinsicht ist, zeigt sich daran, dass es nach Millionen Jahren Evolution das am besten geschützte menschliche Organ ist.

Wozu brauchen wir unser Gehirn?

Wir benötigen unser Hirn in erster Linie nicht zum Denken, sondern zur Orientierung in unserer Umwelt: Unser Gehirn soll uns das Leben retten, uns am Leben erhalten und für unsere Fortpflanzung, also letztlich für die Erhaltung der Gattung Mensch sorgen. Natürlich ist das Gehirn primär auf eine andere Welt ausgelegt als wir sie heute kennen: Gefährliche Tiere sind dem Gehirn evolutionär bekannter als gefährliche Schusswaffen oder Taser.

Anpassungsschwierigkeiten

Einige heute typische Probleme erwachsen erst daraus, dass wir uns als biologische Wesen nicht schnell genug den rasanten Veränderungen der modernen Welt anpassen können (Rückenschmerzen durch den Büroalltag, Sinnlosigkeit durch die Überflussgesellschaft, Burnout durch permanente Aktivität und Erreichbarkeit etc.).

Unsere Wirklichkeit – nur ein Konstrukt?

Alle Leistungen des Gehirns dienen dem Ziel des Überlebens – auch das Denken, das Wahrnehmen oder die Gefühle. Nur einen ganz kleinen Teil dessen, was in unserem Gehirn abläuft, erleben wir auch bewusst. Wir sehen z.B. nicht alles bewusst, was unsere Augen an visuellen Informationen empfangen. Was wir von der Welt erkennen, ist kein Abbild, sondern eine nützliche Landkarte der Welt. Mit dieser Landkarte können wir uns dann in der Welt orientieren und überleben. Man spricht hier davon, dass unser Gehirn unsere Realität konstruiert.

Wie können Sie Ihre Wirklichkeit beeinflussen?

Wenn aber unser Erleben tatsächlich am Ende vielmehr ein Konstrukt und kein realistisches Bild der Welt ist, hat unser Gehirn offenbar einen gewissen Spielraum: Unsere erlebte Wirklichkeit wird nicht direkt von der Außenwelt bestimmt. Hier stellt sich nun die zentrale Frage: Können wir dieses Konstrukt so beeinflussen, dass die Welt für uns schön ist, dass wir schöne Gefühle empfinden, dass wir ein erfüllendes Leben führen? Mehr dazu erfahren Sie auf unserer Überblicks-Seite Persönlichkeitsentwicklung und in unserem Blog-Post zum Thema Embodiment.

Zum Weiterlesen:

  • GRAWE, Klaus (2004): Neuropsychotherapie, Göttingen: Hogrefe.
  • KANDEL, Eric R. / SCHWARTZ, James H. / JESSEL, Thomas M. (2011): Principles of Neural Science, 5th Ed., New York: McGraw-Hill Medical Publishing Division.
  • ROCKSTROH, Sybille (2011): Biologische Psychologie, München: Reinhardt.
  • SCHRÖGER, Erich (2010): Biologische Psychologie, Wiesbaden: VS, Verlag für Sozialwissenschaften.