Die Kommunikationspsychologie ist ein Teilbereich der Psychologie. Sie erforscht den Prozess der zwischenmenschlichen Kommunikation. Aus ihr heraus sind einige bekannte Kommunikationsmodelle entstanden, z.B. Paul Watzlawicks „5 Axiome“ oder Friedemann Schulz von Thuns „vier Seiten einer Nachricht“.

Grundlagen der Kommunikation

Kommunikation wird definiert als ein Austausch von Informationen zwischen zwei oder mehr Teilnehmer:innen (von lateinisch „communicatio“ = Mitteilung). Die sprechende Person nennt man dabei Sender:in, die hörende Person Empfänger:in. Das, was übermittelt wird, heißt Nachricht oder Mitteilung.

Eine Nachricht kann viele verschiedene Botschaften gleichzeitig enthalten. Das liegt daran, dass sie mehr umfasst als nur das gesprochene Wort. Eine Nachricht hat vier Komponenten:

  • verbal: die gesprochene Sprache (lateinisch „verbum“ = Wort)
  • nonverbal: Körpersprache (Gestik, Mimik, Blickkontakt)
  • paraverbal: die (auditive) Art und Weise, etwas zu sagen (Stimme, Lautstärke, Tonhöhe, Sprachmelodie, Sprechgeschwindigkeit; insgesamt der „Tonfall“)
  • extraverbal: der Kontext (Zeit, Ort, Objekte, Kleidung)
Kommunikationspsychologie

Zwischenmenschliche Kommunikation

Wenn Menschen miteinander kommunizieren, ist dies ein vielschichtiger Prozess. Der Begriff „Nachricht“ bezieht sich auf das gesamte Paket einer solchen Kommunikation, dass dann z.B. auch alle vier Komponenten (verbale, nonverbal, etc.) umfasst. Der Begriff „Botschaft“ bezieht sich auf einen einzelnen Aspekt einer Nachricht, z.B. in Form einer nonverbalen Botschaft, oder auch einer Botschaft auf der Beziehungsebene, oder einer impliziten Botschaft.

Kommunikationspsychologie: Explizite und implizite Botschaften

Eine explizite Botschaft stellt eine ausdrücklich verbal formulierte Mitteilung dar. Dagegen werden implizite Botschaften nicht direkt verbalisiert, sondern bewegen sich „zwischen den Zeilen“ oder im „Unterton“ einer verbalen Nachricht. Oft lässt sich daher auch bei impliziten Nachrichten schwerer festmachen, ob die sendende Person sie wirklich senden wollte – und wie genau sie verstanden werden möchte.

Der Vorteil von expliziten Botschaften liegt in ihrer weitgehenden Klarheit und Deutlichkeit. Das kann Missverständnissen vorbeugen. Gerade für Vereinbarungen und Verträge kann dies entscheidend sein.

Der Nachteil expliziter Botschaften liegt darin, dass sie verbal ausgesprochen (anstatt nur angedeutet) werden müssen und daher wenig diplomatisch sind. Vor allem hat die sendende Person wenig Möglichkeiten, eine Botschaft zu korrigieren, wohingegen sie bei impliziten Botschaften immer einen Rückzieher machen kann („So war das jetzt nicht gemeint!“). Außerdem kann man Menschen über die explizite Ebene weniger gut manipulieren oder zu etwas bringen, was sie von sich aus nicht tun würden.

Der Vorteil impliziter Botschaften liegt darin, dass man sich beim Gegenüber diplomatisch „vortasten“ und Dinge andeuten kann, ohne sie wirklich aussprechen zu müssen. Das kann bei Dates, im Verkauf, bei politischer Diplomatie oder psychologischer Manipulation hilfreich sein. Der Vorteil liegt darin, dass ich die Schuld immer von mir weisen kann, weil ich nie wirklich deutlich werden musste. So kann man einen impliziten Manipulationsversuch im Nachhinein als „Missverständnis“ bezeichnen: „So habe ich das weder gesagt noch gemeint!“

Der Nachteil impliziter Botschaften liegt in den Missverständnissen, die sie verursachen können. Wer überwiegend solche Botschaften sendet, weiß nie so wirklich, wie die Andeutungen aufgenommen werden – und ob die impliziten Botschaften überhaupt ankommen. Gerade bei impliziten „Vereinbarungen“ stellt sich im Nachhinein oft heraus, dass jede Partei dann doch eine ganz eigene Vorstellung von dem hatte, worauf genau man sich eigentlich „geeinigt“ hat.

Kommunikationspsychologie: Kongruente und inkongruente Nachrichten

Eine Nachricht ist das Gesamtpaket aller Botschaften, die mitgeteilt werden. Daher enthält sie verschiedene Teile, die unterschiedlich gut zueinander passen. Eine Nachricht ist dann kongruent, wenn alle ihre Aspekte in ihrer Tendenz zusammenpassen. Kongruente Nachrichten ergeben sich als stimmiges Gesamtbild aller Botschaften auf allen Ebenen und umfassen explizite wie implizite, und auch verbale wie nonverbale Botschaften.

Beispiel: Jemand sagt „Mir geht es sehr gut“, dazu sieht man ein Lächeln im Gesicht mit horizontalen Falten neben den Augen, die Körperhaltung ist aufrecht und zugewandt, und insgesamt macht die Person körperlich, mental und vom äußeren Erscheinungsbild her einen guten Eindruck. Alle Teilbotschaften passen hier zueinander und ergeben bei der empfangenden Person ein stimmiges Gefühl.

Inkongruent ist eine Nachricht dann, wenn ihre Botschaften in unterschiedliche Richtungen weisen und einander widersprechen.

Beispiel: Jemand sagt „Wir freuen uns auf euren Besuch!“, allerdings mit einer müden und genervten Stimme, insgesamt bekommt die empfangende Person auch den Eindruck, der sendenden Person zur Last zu fallen, zumal auch ihre Schultern so tief hängen und die inneren Enden der Augenbrauen nach oben gezogen sind.

Feedback: Die Begegnung mit dem Empfangsresultat

Eine grundlegende Erkenntnis der Kommunikationspsychologie besteht darin, dass die eigene Überzeugung (z.B. darüber, wie mein Gegenüber etwas gemeint hat), lediglich meine eigene Interpretation einer Nachricht ist – und eine Interpretation kann zutreffend (richtig) oder unzutreffend (falsch) sein. Um kommunikative Konflikte zu vermeiden ist es daher essenziell, sich Informationen einzuholen, wie etwas gemeint war – und der anderen Person eine Information zur Verfügung zu stellen, wie etwas angekommen ist. Dabei gilt: Ausgesprochenes kann gemeinsam bearbeitet werden, Unausgesprochenes kann die Situation vergiften.

Die grundlegende Differenz zwischen Gemeintem und Verstandenem erfordert es, dass sich empfangende und sendende Person über die Wirkung einer Nachricht auf Seiten der empfangenden Person austauschen. Dadurch kann die (ursprünglich) sendende Person erfahren, wie ihre Nachricht bei der anderen Person angekommen ist. Dies nennt man „Rückmeldung“ oder „Feedback“.

Dies bedarf zunächst einer guten Selbstwahrnehmungsfähigkeit der empfangenden Person. Für deren innere Klarheit und ein gutes Feedback ist es wichtig, drei Aspekte der Wirkung auseinanderzuhalten.

Kommunikationspsychologie

(1) Wahrnehmung (z.B. eine Augenbewegung sehen oder eine Frage hören)

(2) Interpretation (z.B. eine Augenbewegung als „abwertend“ oder eine Frage als „Aufforderung“ deuten; Interpretationen sind Vermutungen und können richtig oder falsch sein)

(3) Gefühl (z.B. auf eine Wahrnehmung und Interpretation mit einem Gefühl von Wut reagieren; dieses Gefühl entsteht zu einem großen Teil durch die individuelle Persönlichkeit und Vorerfahrungen der empfangenen Person; das Gefühl ist nicht richtig oder falsch, sondern eine hinzunehmende Tatsache) Ein weiterer Teil der Wirkung kann durch Fantasien entstehen. Im Gegensatz zu Interpretationen gibt es bei Fantasien keine zugrundeliegenden Wahrnehmungen, sie stellen (weitgehend unabhängige) Grundüberzeugungen der Person dar. Ich nenne dies in meinen Seminaren oft „Gedankenlesen“. Meine Fantasien über die andere Person sind etwas von mir; sie können zutreffend oder unzutreffend sein, aber es sind Vermutungen über die Innenwelt einer anderen Person, zu der ich grundsätzlich keinen direkten Zugang habe. Wenn ich glaube, die Innenwelt einer anderen Person besser zu kennen als sie selbst („Ich weiß besser als du, was mit dir gerade los ist“), dann grenzt das an Psychoterror. Manchmal führen solche Fantasien zu selbst geschaffener Isolation von Mitmenschen (z.B. „die andere Person findet mich sowieso uninteressant“) und können zu einer „selbsterfüllenden Prophezeiung“ werden.

Wer ist für die Wirkung einer Nachricht verantwortlich?

Warum ist es wichtig, diese Dinge beim Empfangen einer Nachricht zu unterscheiden? Weil die Wirkung, die eine Nachricht auf die empfangende Person hat, durch das Zusammenspiel von Nachricht (der sendenden Person) und Verarbeitung (der empfangenden Person) erzeugt wird – d.h. die Unterscheidung fördert die Einsicht der empfangenen Person, dass die Reaktion auf eine Nachricht ihre eigene Reaktion ist. Denn die Person bringt ihre Interpretationen, Vorerfahrungen, Überzeugungen und Fantasien mit ein, und verarbeitet die Nachricht bewusst und unbewusst. Für das Resultat ist sie in großen Teilen selbst verantwortlich, nicht die sendende Person.

Wenn eine Kommunikation schiefläuft, entsteht hingegen oft eine Täter-Opfer-Dynamik, in der die empfangende Person die sendende Person anklagend für ihre eigene Gefühlsreaktion verantwortlich machen und sich selbst als unbeteiligt darstellen möchte. Diese Dynamik erschwert die anschließende Kommunikation.

Rückmeldungen: Selbstoffenbarung & Ich-Botschaften

Rückmeldungen sind daher genau dann hilfreich, wenn sie einen hohen Selbstoffenbarungsanteil haben. Es ist ein wichtiger Unterschied, ob ich sage „Du hast mich beleidigt!“ oder „Ich fühle mich verletzt!“. Im ersten Fall unterstelle ich der sendenden Person eine Absicht und mache sie für meine Gefühle verantwortlich, während ich meinen Eigenanteil leugne. Im zweiten Fall schildere ich lediglich eine Tatsache, nämlich zu welchem Gefühl die Kommunikation bei mir geführt hat, während ich keine Aussage über Verantwortliche oder Schuldige treffe.

Botschaften mit einem hohen Selbstoffenbarungsanteil werden „Ich-Botschaften“ genannt. Ich-Botschaften sind Aussagen über mich. Du-Botschaften hingegen sind Aussagen über die andere Person. Oft findet dabei im Kopf eine blitzschnelle Übersetzung statt, bei der eigene Gefühle („Ich fühle mich verletzt!“) in Beschreibungen über die andere Person übersetzt werden („Du bist rücksichtslos!“). Dies wird insbesondere dann zum Problem, wenn es sich um „Diagnosen“ handelt („Du baust einen Schutz auf, um nicht verletzt zu werden, aber so kannst du keine Liebe finden!“).

Kommunikationspsychologie

Kommunikationspsychologie & Interaktion

Viele Kommunikationsmodelle beleuchten einen speziellen Schritt in der Kommunikation, nämlich die Übermittlung einer Nachricht von sendender zu empfangender Person. Üblicherweise ist aber damit die Kommunikation nicht beendet, sondern es beginnt eine ganze Reihe von Mitteilungen, in der beide Personen immer wieder senden und empfangen und einander beeinflussen. Diesen Prozess nennt man „Interaktion“.

Die Kommunikationspsychologie geht davon aus, dass die Eigenart einer Person (z.B. sie ist „dominant“) keine feststehenden Charaktereigenschaften des Individuums sind, sondern erst in einer konkreten Interaktion zwischen (mindestens) zwei Personen entstehen. Individuelle Verhaltensweisen sind interaktionsbedingt. Man spricht hier von einem Denken in Wechselwirkungen.

Wenn die eine Person „dominant“ ist, was tut die andere Person dann, um sich dominieren zu lassen?

Diese Sichtweise ist ent-individualisierend, d.h. sie erklärt Persönlichkeit und Verhalten aus der Interaktion heraus, nicht aus der Person. Und sie ist ent-moralisierend, weil vor diesem Hintergrund die Rede von „Täter“ und „Opfer“ keinen Sinn mehr ergibt. Dies ermöglicht es, als vermeintliches Opfer einer anderen Person meinen Eigenanteil an der Interaktion zu sehen und aktiv etwas zu tun: Wenn jemand ein Dauerredner ist, warum wage ich es dann nicht, ihn zu unterbrechen? In der Opfer-Rolle kann ich mich zwar meiner Verantwortung entziehen und mir in meiner moralischen Überlegenheit gefallen, aber ich bin der Situation dann eben auch hilflos ausgeliefert, bin das „arme Opfer“ der anderen Person. Mit meinem Eigenanteil steigt auch mein Einfluss auf die Interaktion und meine Handlungsfähigkeit. „Schwierige Mitmenschen“ erweisen sich dann als „schwierige Interaktionsmuster“.

In der systemtheoretischen Sichtweise von Kommunikation gibt es daher nur die Interaktion. Die Frage danach, wer Schuld hat, und die Frage danach, wer angefangen hat, ist sinnlos. Die Frage nach dem Anfang (Watzlawick nennt das Interpunktion ist nicht zu beantworten, wenn Kommunikation ein Wechselwirkungsgeschehen ohne Anfang ist. Trotzdem erleben die allermeisten Menschen ihr eigenes Verhalten als Reaktion auf etwas, womit die andere Person „angefangen“ hat.

Fazit: Kommunikationspsychologie nutzen!

Die Kommunikationspsychologie ist nicht nur eine wissenschaftliche Disziplin, welche die Grundlagen von kommunikativen Prozessen erforscht – sie kann auch hilfreiche Empfehlungen für einen eigenen Alltag geben. Wie wir mit anderen Menschen klarkommen, hängt vor allem von der Art und Weise ab, wie wir mit ihnen kommunizieren. Für den Alltag ist es z.B. hilfreich, die grundlegende Differenz zwischen Gemeintem und Verstandenem zu verinnerlichen, und auch ein Bewusstsein für den Eigenanteil an einer Interaktionsdynamik zu schärfen.

Lust auf Coaching?

Im Coaching lernst du, deine kommunikativen Fähigkeiten zu verbessern – für gelingende Gespräche und mehr Selbstsicherheit im Alltag. Wir können ein kostenloses Kennenlernen vereinbaren und über dein Anliegen sprechen.

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