Etwa 2/3 der Bevölkerung leidet an Schlafmangel. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat dieses Problem zur Epidemie erklärt. Schlafmangel hat teils fatale Folgen für alle Bereiche des Organismus. Es ist inzwischen wissenschaftlich erwiesen, dass chronischer Schlafmangel das Leben verkürzt. Da muss man erstmal schlucken.

Die Folgen von Schlafmangel

Matthew Walker ist einer der weltweit führenden Schlafforscher. Er ist Professor für Neurowissenschaften und Psychologie an der University of California, Berkeley. In seinem Buch „Why we sleep“ (deutscher Titel: „Das große Buch vom Schlaf“) hat er die umfangreichen Folgen von Schlafmangel gut zusammengefasst:

Schlafmangel ist eine Epidemie

„Mittlerweile gibt es mehr als zwanzig umfassende epidemiologische Studien, die Millionen von Menschen über viele Jahrzehnte begleitet haben und allesamt den gleichen eindeutigen Zusammenhang bestätigen: Je kürzer man schläft, desto kürzer lebt man. Die hauptsächlichen Ursachen für Krankheiten und Todesfälle in Industrienationen – Krankheiten, die das Gesundheitssystem stark beanspruchen, zum Beispiel Herzleiden, Fettleibigkeit, Demenz, Diabetes und Krebs – hängen alle nachweislich mit einem Mangel an Schlaf zusammen. […] die unangenehme Wahrheit [ist], dass unzureichender Schlaf alle wichtigen physiologischen Systeme im Körper, das Herz-Kreislauf-System, den Stoffwechsel, das Immunsystem und das Fortpflanzungssystem, in vielfältiger Weise schädigt.“ (Walker 2018: 229-230, Hervorhebung durch H.W.; alle Seitenangaben zu diesem Werk auf dieser Website beziehen sich auf die Kindle-Version von: Matthew Walker – Das große Buch vom Schlaf, 2018)

Symptome von Schlafmangel

Die Symptome von Schlafmangel hängen von der Höhe des Defizits ab – wie viele Stunden fehlen, und über welchen Zeitraum besteht der Schlafmangel schon? Weiterhin sind die Symptome auch individuell verschieden. Folgende Symptome treten bei Schlafmangel häufig auf:

  • Müdigkeit (Erschöpfung und Energielosigkeit)
  • Schläfrigkeit (starker Drang, tagsüber einzuschlafen)
  • schlechte und schnell wachsende Stimmung
  • Reizbarkeit
  • Vergesslichkeit
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Ablenkbarkeit
  • wenig Motivation
  • erhöhter Appetit
  • verringerte Libido

Schlafmangel – Auswirkungen auf den Körper

  • Schwächung des Immunsystems
    • Veränderung im Arbeitsverhalten: Mehr Fehlzeiten – oder arbeiten trotz Krankheit
    • fehlender Schutz gegen Infekte (häufiger krank)
    • längere Genesungszeit bei akuten Infekten
    • Reduktion der Killerzellen; dadurch verdoppelt sich das Krebsrisiko
  • höherer Blutdruck und größeres Risiko für verstopfte und spröde Arterien (kann langfristig zu Schlaganfall, Herzinfarkt oder anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen)
  • höheres Diabetes-Risiko
  • Magen-Darm-Probleme (Schädigung des Mikrobioms: die „schlechten“ Bakterien vermehren sich im Darm, die „guten“ werden weniger)
  • Gewichtszunahme (stärkeres Hungergefühl; Sättigungsgefühl wird unterdrückt; Kalorienzufuhr steigt)
    • Eine Diät bleibt ohne gewünschten Effekt, weil der Körper bei Schlafmangel keine Fette hergibt, sondern Muskulatur und Wasser abbaut
  • Schädigung der DNA (erhöhtes Risiko für Demenz, Krebs, Herzkreislauferkrankungen sowie Störungen des Immunsystems)
Folgen von Schlafmangel

Schlafmangel – Auswirkungen auf die Psyche

  • höheres Risiko für Depression
  • höheres Risiko für Angststörungen
  • erhöhtes Risiko für die Entstehung von Alzheimer
  • mehr Unfälle durch schlechtere Aufmerksamkeit: 20% der schweren Verkehrsunfälle sind auf Übermüdung des Fahrers zurückzuführen – das sind mehr Unfälle als durch Alkohol und Drogen zusammen verursacht werden
  • höherer Impulsivität und Rückgang des rationalen Denkens und kontrollierten Handelns

Schlafmangel und Depression

Alle wichtigen psychiatrischen Erkrankungen werden bei Schlafstörungen schlimmer. Es gibt einen starken Zusammenhang zwischen Schlafproblemen und psychischen Erkrankungen. Während man früher davon ausgegangen ist, dass Schlafstörungen ein Symptom bzw. eine Folge einer zugrundeliegenden, psychischen Erkrankung ist, geht man heute davon aus, dass es eine Wechselseitigkeit gibt: Psychische Erkrankungen führen zu Schlafstörungen – aber Schlafstörungen können genauso psychische Erkrankungen verursachen. Dies scheint insbesondere bei der Depression der Fall zu sein. Auch die Entwicklung eines Burnouts kann mit ausgeprägten Schlafschwierigkeiten verbunden sein.

Der Schlafforscher Dr. Hans-Günter Weeß schreibt: „Die Forschung steht noch am Anfang, was manche Zusammenhänge angeht, aber schon jetzt scheint klar, dass eine Schlafstörung nicht nur die Folge, sondern auch die Ursache einer Depression oder Angststörung sein kann.“ (vgl. Weeß 2018: Schlaf wirkt Wunder: Alles über das wichtigste Drittel unseres Lebens)

Schlafmangel und Depression

Die Vorteile von gutem Schlaf

Wer seinen Schlafmangel dadurch ausgleichen kann, sich einfach mehr Zeit zum Schlafen zu nehmen – also noch nicht unter einer Schlafstörung leidet –, für den warten großartige Belohnungen. Denn die Auswirkung von gutem und ausreichendem Schlaf sind eindrucksvoll:

  • längeres Leben
  • stärkeres Immunsystem
  • bessere Prävention gegen Erkältungs- und Grippeerkrankungen
  • reduziertes Risiko für Krebs, Demenz, Herzerkrankungen, Schlaganfall, Diabetes
  • mehr Kreativität
  • besseres Gedächtnis
  • besseres Aussehen
  • höhere Attraktivität
  • weniger Appetit auf Süßes (Hilfe beim Abnehmen)
  • Schutz vor Krebs und Demenz
  • mehr Zufriedenheit, bessere Kontrolle über Emotionen
  • weniger Angst und negative Gedanken
Guter Schlaf

Schlafmangel ausgleichen? – Geht nicht.

Leider können wir einen Schlafmangel nicht einfach in der nächsten Nacht wieder ausgleichen. Der Gedanke liegt zwar nahe, dass wir einfach etwas länger schlafen und damit wieder ins Plus kommen, doch Schlafforscher Walker warnt eindringlich, dass unser Organismus niemals den gesamten Schlafmangel ausgleichen kann: „Verlorener“ Schlaf ist nicht wiedergutzumachen. Das betrifft insbesondere unser Gedächtnis und unsere Lernfähigkeit: Der Schlaf ist „nicht wie die Bank – man kann seine Schulden nicht auflaufen lassen und später abzahlen. Bei der Konsolidierung von Erinnerungen heißt es »jetzt oder nie«.“ (Walker 2018: 220)

Ein wichtiger Aspekt des Schlafmangels ist die Schwierigkeit, dass Menschen ihr eigenes Schlafdefizit oft nicht korrekt einschätzen können: Sie merken nicht, wie sehr sich ihre Aufmerksamkeit und Leistungsfähigkeit durch den Schlafmangeln verschlechtern. Wenn der Schlafmangel chronisch wird, gewöhnen sich Menschen auch an dieses Level der Wachheit und Leistungsfähigkeit sowie ihr niedriges Energieniveau. Den Betroffenen ist oft nicht klar, dass dies kein „Normalzustand“ ist, sondern die Folge eines chronischen Schlafmangels. Daraus entstehende Erkrankungen werden oft nicht mit dem Schlafmangel in Verbindung gebracht.

Chronischer Schlafmangel: Wir müssen umdenken!

Bei all den negativen Gesundheitsschäden, die ein chronischer Schlafmangel bewirkt – und bei all den positiven Gesundheitseffekten, die guter Schlaf uns verschafft –, müssen wir das Thema auf unserer persönlichen Lebens-Agenda ganz oben ansetzen. Wir können es uns nicht erlauben, das Thema Schlaf aus den Augen zu verlieren.

Das gilt nicht nur für uns als Individuen, sondern auch für die Gesellschaft als Ganzes: Unser Gemeinwohl, unser Sozialsystem und unsere Wirtschaft sind davon abhängig, dass wir dem Thema die nötige Wichtigkeit und Priorität einräumen!

Wir müssen unsere Haltung zum Schlaf ändern

In unserer Gesellschaft gilt Schlafmangel als schick.

Wir setzen Produktivität mit Arbeitszeit gleich. Lieber 15 Stunden komatös im Büro sein als 8 Stunden effektiv und konzentriert arbeiten.

Heutzutage ist es en vogue, gestresst zu sein und wenig zu schlafen. Das gilt uns als Zeichen von Arbeitseifer und Belastbarkeit. Wir haben einfach zu viel zu tun.

Genau das ist der Punkt. Wir können es uns nicht mehr erlauben, zu wenig zu schlafen. Wir haben viel zu viel zu tun, als dass wir uns eine suboptimale Leistung tagsüber leisten können. Wir stehen so unter Druck, dass wir die hohe Fehleranfälligkeit eines unausgeschlafenen Menschen nicht mehr tolerieren können. Wir haben eine viel zu große Verantwortung, um unsere Unternehmen von halbkomatösen Führungskräften leiten zu lassen, die nicht merken, wie viel Unsinn sie durch ihren Schlafmangel verzapfen.

Schlafmangel und Arbeit (Leistungsfähigkeit)

Es ist wichtig, mit einem weit verbreiteten Vorteil aufzuräumen: Wer wenig schläft, ist ein produktiver und belastbarer Mitarbeiter; und wer viel schläft, ist faul und bringt keine Leistung im Job. Beides ist nachweislich falsch. Eine kürzere Schlafdauer führt erwiesenermaßen dazu, dass die Arbeitsleistung schlechter wird, weiterhin benötigt man überdurchschnittlich viel Zeit für grundlegende Aufgaben, man ist unproduktiver, findet weniger Lösungen, trifft schlechtere Entscheidungen; bei Führungskräften leidet zusätzlich die Qualität der Führung.

Schlafmangel verschlechtert fast alle entscheidenden Fähigkeiten, die man im Job braucht:

  • Kreativität
  • Intelligenz
  • Motivation
  • Leistungsbereitschaft
  • Effizienz
  • Effektivität in der Gruppenarbeit
  • emotionale Stabilität
  • zwischenmenschliche Fähigkeiten
  • Ehrlichkeit

Wer also eine verantwortungsvolle Position hat, wer wirkliche Herausforderungen auf der Arbeit zu bewältigen hat, der kann sich Schlafmangel schlichtweg nicht erlauben. Leisten können sich Schlafmangel nur jene, bei denen es nicht so wichtig ist, wie schnell, wie innovativ und wie fehlerfrei sie arbeiten.

„Viele Leute sagen mir immer wieder, sie hätten vor lauter Arbeit nicht genug Zeit zum Schlafen. Ich antworte dann stets, dass sie abends vielleicht nur deshalb nicht alles geschafft haben, weil sie nachts nicht genug schlafen!“ (Walker 2018: 407)

Die Kosten, die unsere Gesellschaft und unser Wirtschaftssystem für Schlafmangel zahlen müssen, sind astronomisch: „Unzureichender Schlaf kostet die meisten Länder mehr als 2 Prozent ihres BIP – das entspricht dem gesamten Militärhaushalt eines Landes und ist fast genauso viel, wie ein Land für die Bildung aufwendet. Stellen Sie sich nur einmal vor: Wenn wir das nationale Schlafdefizit ausgleichen würden, könnten wir den Prozentsatz des BIP, den wir für die Bildung unserer Kinder ausgeben, fast verdoppeln.“ (Walker 2018: 405)

Es wäre aber auch schon einmal ein Anfang, unsere Kinder nicht in einem biologisch widersinnigen Schulsystem auszubilden: Eine frühe Anfangszeit in der Schule (früher als 9:00 Uhr) „steht im direkten Widerspruch zum von der Evolution vorgegebenen Bedürfnis der Kinder, sich in diesen kostbaren Morgenstunden reichlich REM-Schlaf zu gönnen.“ (Walker 2018: 420) Die Konsequenzen wurden oben beschrieben: Man lernt schlechter.

Wie sinnvoll ist es, unseren Kindern in der Schule etwas beizubringen – und dann im Anschluss dafür zu sorgen, dass sie es nicht behalten können, weil das Gehirn nicht ausreichend Zeit im REM-Schlaf hatte, das Gelernte ins Langzeitgedächtnis zu übertragen?

Literaturquellen

Walker, Matthew (2018): Das große Buch vom Schlaf. Die enorme Bedeutung des Schlafs – Beste Vorbeugung gegen Alzheimer, Krebs, Herzinfarkt und vieles mehr (Goldmann Verlag). Kindle-Version.

Weeß, Hans-Günter (2018): Schlaf wirkt Wunder. Alles über das wichtigste Drittel unseres Lebens. Kindle-Version.

10 Tipps für besseren Schlaf

  • Die 10 besten Tipps auf einer DINA4-Seite

  • Zum Ausdrucken geeignet

  • Als PDF-Download verfügbar

e-book schlaftipps

10 Tipps für besseren Schlaf

  • Die 10 besten Tipps auf einer DINA4-Seite

  • Zum Ausdrucken geeignet

  • Als PDF-Download verfügbar

e-book schlaftipps

10 Tipps für besseren Schlaf

  • Die 10 besten Tipps auf einer DINA4-Seite

  • Zum Ausdrucken geeignet

  • Als PDF-Download verfügbar

e-book schlaftipps